Wunsch gegen Realität
Zur Berichterstattung zum Urteil des BVerwG über die Rechtmäßigkeit des Austritts aus der Kirche als einer Körperschaft des öffentlichen Rechts
Schon in den Mittagsnachrichten des 26. September 2012 von ARD oder ZDF war zu hören, daß der „Kirchensteuerrebell“ Zapp mit seiner Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht gescheitert sei. Die Print- und Onlinemedien wie Spiegel-Online schlossen sich der Bewertung dieses Urteils im wesentlichen an. Dabei halten sich nicht nur die großen Fernsehanstalten ihre Hausjuristen, die den Nachrichtenredakteuren eigentlich hätten erklären müssen, was im Juristen-Blog http://www.internet-law.de/ eindeutig zu lesen ist: „die Revision des Kirchensteuerrebellen Zapp war erfolgreich, das Bistum hat den Prozess verloren“.
Vorauseilender Gehorsam, Wunschdenken oder einfach Unfähigkeit, juristische Texte zu lesen? Immerhin hatten die Deutschen Bischöfe dem Gericht mit dem Dekret über die Folgen des Austritts aus der Kirche eine Steilvorlage geliefert, die jedoch an den Unbestechlichen abprallte. Im Gegensatz zum OverwG Mannheim, das das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und nicht einmal Revision zugelassen hatte, hat das BverwG „das die Klage abweisende Urteil des Verwaltungsgerichts (erste Instanz) wiederhergestellt“. Im Klartext: „der Austritt Zapps aus der Körperschaft Kirche (war) wirksam“. Jeder, der es wünscht, kann aus der Kirche mit Begründung austreten, und die Kirche muß es anerkennen! Gegen diese Begründung hatte das Erzbistum Freiburg geklagt und ist jetzt endgültig unterlegen.
Cui bono? Wem dient die „mediale Falschberichterstattung“?Wer die Nachrichtentexte zur Kenntnis nahm, konnte sich des Gefühls nicht erwehren, dass darin eine klamm-heimliche Freude mitschwang über das angebliche Scheitern des „Kirchensteuerrebells“. Anscheinend gibt es Interessen, die die Position der derzeitigen deutschen katholischen Kirche in ihrem Ist-Bestand gewahrt sehen möchten – man fragt sich, mit welcher Absicht. Vielleicht ist diese heutige Kirche, die nach Meinung vieler ein Credo light vertritt, den Menschen weniger Vorwurf als die Kirche, die sich auf die Botschaft Jesu beruft?
Immerhin enthält das Dekret der Deutschen Bischofskonferenz vom 20.09.2012 einen folgenschweren Denkfehler: „Die Erklärung des Kirchenaustritts vor der zuständigen zivilen Behörde stellt als öffentlicher Akt eine willentliche und wissentliche Distanzierung von der Kirche dar und ist eine schwere Verfehlung gegenüber der kirchlichen Gemeinschaft.“ „Eine willentliche und wissentliche Distanzierung von der Kirche“ kann man nur vor ihr, der Kirche, aussprechen, nicht aber vor einer zivilen Behörde, die ausschließlich den - steuerrechtlichen - Tatbestand des Verlassens der Kirche attestiert. Daher hat das BVerwG jetzt konsequent festgestellt, daß trotz eines Zusatzes wie der von Prof. Dr. Zapp getätigte genau dieser steuerrechtliche Tatbestand eintritt.
Man möchte hinzusetzen: Noch Fragen?
Bonn, 29.09.2012, am Fest der hl. Erzengel
V.i.S.d.P. Reinhard Dörner, Vorsitzender
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